Dem Genuss auf der Spur


beliebte Wanderregion in Kärnten bietet »Slow Food Travel« an

Regionale Speisen, für deren Herstellung sich ebenso Zeit genommen wird wie für den Verzehr: Slow Food ist mittlerweile im wahrsten Sinne des Wortes weltweit in aller Munde. Eigentlich nur logisch, die Welt dann auch einzuladen, sich umzuschauen bei denen, die für die guten Lebensmittel sorgen. Womit 2015 in Kärnten begonnen wurde.

Eckart Mandler, Mitinitiator von Slow Food Travel, in seinem Garten in Irschen

Eine treibende Kraft bei der Gründung von Slow Food Travel war Eckart Mandler. Im Weiler Irschen berichtet er davon auf der Terrasse seines ehemaligen Elternhauses, heute ein Hotel im Besitz seiner Familie. Seit über 30 Jahren beschäftigt Mandler sich bereits mit nachhaltigem Tourismus. »Einklang mit der Natur«, darum ging es schon bei der Idee der Kräuterdörfer und der Wanderhotels. Der Zusammenschluss von bislang 35 Gaststätten, Hotels sowie Produzenten vom Imker bis zur Eismacherin unter dem Etikett Slow Food Travel reiht sich da perfekt ein.

lang gezogene täler und ein hoch gelegener see

Die Region ganz im Süden Österreichs eignet sich hervorragend für solch ein Vorhaben: Die langgezogenen, weiten Täler, an deren Rändern imponierende Berggipfel aufragen, und der hoch gelegene Weissensee sind beliebte Destinationen für Wanderer und Radfahrer, die vielen Stammgäste mögen die kleinen Hotels und Pensionen und die lokale Küche. Und sie wollen gern mehr über die Betriebe erfahren und auch selbst Hand anlegen.

»Nudlkrendln«

Was sie sehr gut beim »Nudlkrendln« im Gasthof Grünwald der Schwestern Gudrun und Ingeborg Daberer im winzigen St. Daniel tun können. Bei schönstem Spätsommerwetter steht das Ehepaar Lintner aus Frankfurt am Main mit zwei jungen Frauen aus der Region und der Reporterin im Hof des Gasthauses und füllt die Kärntner Nudeln, nachdem zuvor gemeinsam der Teig aus gekochten Kartoffeln hergestellt wurde. Bei Ingeborg Daberer sieht der Verschluss der handtellergroßen Nudeln aus wie fein gehäkelt. »Macht nichts, wenn es nicht auf Anhieb so klappt!«, tröstet die Köchin. »Alles eine Sache der Übung.«

Ingeborg Daberer, Köchin und mit ihrer Schwester Gudrun Besitzerin des Gasthofs Gründwald, weiht Andrea Lintner (rechts) und Beate Baum in die Geheimnisse des Nudlkrendlns ein.

»Wir sind jahrelang ins Piemont in den Urlaub gefahren«, erzählt Andrea Lintner, »und haben das gute Essen dort genossen.« Irgendwann hätten sie dann begonnen, zuhause Nudeln selbst zu machen. »Die Kärntner Nudeln kannten wir natürlich schon von vorherigen Urlauben«, sagt ihr Mann Jürgen. Vor Ort deren Herstellung zu lernen, begeistert beide, die Rezepte wollen sie auf jeden Fall nachkochen.

Vier verschiedene Sorten »Nudln« werden an diesem Vormittag hergestellt – drei mit herzhafter, eine mit süßer Füllung. Das anschließende gemeinsame Essen an der langen Tafel mit einem regionalen Wein dazu ist ein wahres Fest.

ein gutes leben für schweine

Knapp 30 Kilometer östlich, im »Schloss Lerchenhof« gleich hinter Hermagor, dreht sich alles um Schweine und das möglichst lange, möglichst gute Leben, das die Tiere auf dem Hof der Familie haben. Und um ein besonderes Produkt: Den Gailtaler Speck, für deutsche Begriffe eher roher Schinken als Speck. »Die Bezeichnung ist geschützt«, erklärt Johann Steinwender, der den Lerchenhof in der vierten Generation führt, »also er ist EU-zertifiziert, und es gelten strenge Regeln.« Auf einem Teller sind diverse Speck- und Schinkenscheiben appetitlich angerichtet – und ob mit Kräuterrand oder Weinaroma, mehr oder weniger stark geräuchert: alle schmecken hervorragend.

Besucher des Lerchenhofs können nicht nur diese und andere gute Schweinefleischprodukte genießen, sondern in einem Workshop alles rings um die Haltung der Tiere und die Herstellung des Gailtaler Specks lernen. Dabei statten sie auch der aromatisch duftenden Selchkammer einen Besuch, wo die Speckseiten »kalt«, also bei 25 Grad, geräuchert werden.

Haubenkoch Manuel Ressi in der Küche des „Kleinen Bären“ in Hermagor, wo seine Gemüse-Workshops stattfinden

Lebensmittel natürlich haltbar machen – das Problem stellt sich bei Gemüse jeder Gärtnerin. Manuel Ressi, mit drei Hauben gekrönter Koch der Gaststätte Bärenwirt im Hermagor gegenüber der Kirche, hat diverse alte Kulturtechniken ausgegraben und lehrt sie in seinen Workshops. »Fermentieren, schmoren im eigenen Saft, Chlorophyll rausziehen, einlegen«, liefert er Stichworte. Die Frage sei immer: »Wie kann ich es so machen, dass ich das ganze Jahr etwas davon habe?« Zucchini könne man beispielsweise gut in Essig einlegen, Spargel einkochen.

Bewegung!

Zeit, sich zu bewegen nach all dem Essen! Hermagor, geschichtsträchtige Kleinstadt, und so etwas wie das Zentrum der Region, bietet sich für einen ausgedehnten Spaziergang an. Wem der Sinn nach einer richtigen Wanderung steht, der wählt vielleicht das Ufer des hochgelegenen Weissensees, der inmitten der Bergmassive daliegt wie ein Postkartenmotiv. Teilweise kraxelt man die Anhöhen hinauf, dann wieder führt der Weg direkt am Ufer entlang – und immer ist der Blick auf das türkisfarbene Wasser atemberaubend. Badesachen einpacken! Dann kann man sich zwischendurch in dem kühlen Gebirgssee abkühlen.

Der Alpe Adria Radweg führt bis ins italienische Venzone. Von Hermagor aus gibt es in der Ortstaxe enthaltene, organisierte Tagestouren, bei denen die Fahrräder ein Stück des Hin- und den ganzen Rückweg transportiert werden

Wer lieber auf zwei Rädern unterwegs ist: Der „Alpe Adria Radweg“ führt bis nach Venzone, auf italienischer Seite die stillgelegte Bahnstrecke entlang. Es geht durch lange Tunnel und über beeindruckende Viadukte – quer durchs Gebirge, aber ohne steile Anstiege. Perfekt für Genießer, die sich zwar bewegen, aber nicht quälen wollen!

Informationen

Region: Das Kärntner Slow Food Travel-Gebiet zieht sich im Dreiländereck Österreich-Italien-Slowenien vom Lesachtal über Nassfeld-Pressegger See bis zum Weissensee. Hermagor ist so etwas wie das Zentrum.

Im Netz: www.slowfoodtravel.de Dort werden (auch) die Angebote aller Lebensmittel-Produzenten beschrieben.

Anreise: Mit der Bahn bis nach Villach, von dort aus fahren Busse die einzelnen Dörfer an. Außerdem bieten die bei Slow Food Travel vertretenen Hotels und Pensionen einen Bahnhof Shuttle-Service an. Vorab zu buchen über die Homepage.

Autoanreise: Hinter München auf der A 8 Richtung Salzburg / Innsbruck, hinter Salzburg in Richtung Villach (A 10), später auf die Gailtal Bundesstraße.

Unterkunft: Hotel Schloss Lerchenhof, Untermöschach 8, 9620 Hermagor. +43 4282 2100, www.lerchenhof.at 20 individuell eingerichtete Zimmer im herrlichen Schlossgebäude von 1848. DZ mit Frühstück in der Hauptsaison ab 83 €. Das Regitnig Hotel in Techendorf 33, 9762 Weissensee, bietet herrliche Ausblicke auf den See, an dessen Ufer sich der Wellnessbereich des Hauses befindet. DZ mit Frühstück ab 240 € http://www.regitnig.com

Essen und Trinken: Die Forelle, Techendorf 80, Weissensee. In seinen Workshops demonstriert Hannes Müller, der auch auf dem Beitragsfoto zu sehen ist, die richtige Handhabung des Frischfisches aus dem nahen Weissensee, in seinem Restaurant gibt es ihn perfekt zubereitet zu essen www.forellemueller.at/de/kueche. Bärenwirt, Hauptstraße 17, Hermagor. In seinen Workshops beschäftigt Mario Ressi sich ausschließlich mit Gemüse, auf der Gemüse gibt es jedoch auch die typischen Fleich- und Fischgerichte der Region. Der Kaiserschmarrn ist ein Gedicht! https://www.baerenwirt-hermagor.at/

Urheberrecht Fotos: Die Fotos zu dieser Reportage wurden von Thomas Bertrams gemacht

Transparenzhinweis: Die Recherchereise nach Kärnten wurde durch die Slow Food Travel-Organisation unterstützt.


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