Die unterschätzte Mitte


»Jetzt geht’s hoch in den Norden?«, fragt der Mann. Das ist vermutlich die Regel, wenn jemand in Glasgow ein Auto mietet: Ab in die Highlands. Als wir antworten, dass wir stattdessen quer von West nach Ost fahren werden, um uns zunächst St. Andrews anzuschauen und dann das »Königreich Fife« zu erkunden, freut er sich. Endlich einmal Besucher:innen, die auch die Mitte Schottlands zu schätzen wissen!

Castle Campbell im Dollar Glen – knapp außerhalb von Fife

Das sollten tatsächlich viel mehr tun, denn die Landschaft ist wunderschön. Natürlich sind die Highlands gerade durch ihre Kargheit beeindruckend, hier, im noch vergleichsweise dicht besiedelten Teil des Landes sieht es lieblicher aus, erinnert mehr an Mitteleuropa. Dabei gibt es aber auch eine Küste mit ordentlichen Hängen und der Wind kann auch ganz tüchtig blasen. Und man bekommt noch einiges an Kultur obendrauf. Zwar war Fife nie wirklich ein Königreich – der Titel basiert auf einer Fehlinterpretation einer mittelalterlichen Schrift – aber durchaus bedeutsam. Und: Gleich zwei der größten Krimiautor:innen der Gegenwart kommen von dort – Val McDermid und Ian Rankin!

Die Überreste des Castles von St. Andrews

St. Andrews ist natürlich weltbekannt: Geburtsort des Golfsports, Stamm-Uni der britischen Prinzen. Und ja, die älteste Universität Schottlands und mit Oxford und Cambridge eine der drei Elitehochschulen Großbritanniens, hat hübsche College-Gebäude aufzuweisen. Das lohnt durchaus einen Bummel – allerdings würde es ein Tagesausflug tun. Die Stadt ist, was Unterkunft und Versorgung angeht, unsinnig teuer. Immerhin bezahlt man ja quasi dafür mit, einen Prinzen treffen zu können:

Da hat es mehr Sinn, sich irgendwo auf dem Land einzuquartieren. Die große, weit ins Meer hinausragende Halbinsel Fife gegenüber der Hauptstadt Edinburgh hat ein paar pittoreske Fischerorte aufzuweisen, plus eher unscheinbare, dafür günstige Städtchen.

Jene Fischerorte sind wie Perlen auf einer Schnur am äußersten östlichen Zipfel der Halbinsel aufgereiht, in der »East Neuk of Fife«, und lohnen allesamt einen Besuch. Da ist der größte Ort Crail, der selbst bei trübem Wetter seinen Charme entfaltet:

Da ist Pittenweem, wo bis heute richtig ernsthaft Fischfang betrieben wird:

Da ist Elie, das einen feinen Sandstand aufweist. Zwar werden Mitteleuropäer hier vermutlich nie baden gehen – aber alles in allem ist das Klima mild. Es gibt, wie auf dem Foto, Palmen, und es gibt auch die meterhohen Fuchsiensträucher, die ich aus Irland kenne und liebe. Was bedeutet, dass nicht nur der Frost die Küste verschont, sondern es sogar selten kälter als fünf oder sechs Grad plus wird.

Und das Beste: Durch all die Orte hindurch, an der Küste entlang, führt ein Wanderweg, der Fife Coastal Path. Wir sind ihn nur an einem Tag gegangen, von Buckhaven (dort ist das Beitragsbild gemacht worden) bis Kirkcaldy, wo wir im empfehlenswerten Strathearn Hotel vergleichsweise günstig und gut untergekommen waren – und würden uns jederzeit noch einmal weitere Abschnitte vornehmen!

Für den Trip nach Fife haben wir keine Unterstützung erfahren, auch das empfohlene Hotel in Kirkcaldy wurde privat bezahlt.


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